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Montag, 13. August 2012

Transparenz mit Zusatzfragen

Dieser Tage legt die Stadt Gütersloh die Bezüge von Geschäftsführern und Aufsichtsräten offen. Sie kommt damit dem Transparenzgesetz NRW nach, der Beschluss dazu ist bereits im Rat im Januar 2012 einstimmig gefasst worden. 

Transparenzgesetz - wie viel Sicht darf es sein?


Mit dem Transparenzgesetz möchte der Landesgesetzgeber dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit nachkommen. Wenn sich kommunale Unternehmen aus Mitteln der öffentlichen Hand finanzieren oder diese das unternehmerische Risiko wirtschaftlicher Betätigung trägt, kommt dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit ein förderungswürdiger Rang zu, so die Gesetzesbegründung. Wirtschaftliche Betätigungen der öffentlichen Hand sind dabei vorrangig dem Nutzen und den Interessen der Bürgerinnen und Bürger verpflichtet. So dürfen sich Kommunen in diesem Rahmen nur noch mehrheitlich an gemischtwirtschaftlichen Unternehmen beteiligen, wenn sie durch Gesellschaftsvertrag oder Satzung sichergestellt haben, dass die Gesamtvergütungen der Mitglieder von Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Beirat im Anhang zum Jahresabschluss individualisiert veröffentlicht werden. Das Gesetz stammt noch aus der Zeit des Ministerpräsidenten Rüttgers (CDU), der vor allem die Finanzmärkte wieder in den Dienst der Realwirtschaft stellen wollte....Der Ursprungsgedanke ist daher eng mit der Finanzkrise 2008 verbunden. Interessant, dass sich vor allem die Sparkassen diesem neuen Gesetz in die Quere stellen.

Dennoch ist derzeit auch in der Stadt Gütersloh in den öffentlichen Jahresabschlüssen die Auflistung der Beteiligungen und die jeweiligen Spezifika nachzulesen. Nun ist der Schritt der Veröffentlichung ein richtiger Schritt. Löblich, dass er gegangen wird. Aber es geht eigentlich nicht allein um die Veröffentlichung von nakten Zahlen. Zahlen stehen am besten im Bezugsrahmen und bedürfen der Interpretation.

So bleiben Fragen. Zumindest auf kommunalpolitischer Seite etwa der Art: 

Die Kommunen haben mit ihrer Strategie der Ausgliederung von vormals städtischen Betrieben ein großes Maß an Steuerung aus der kommunalen Hand gegeben. In der Regel willentlich. Ein kleiner Spalt breit bleibt die Tür in diese nun selbständigen Betriebe offen, in dem kommunalpolitische Vertreter in die Gremien entsendet werden. Diese politischen Mitglieder bekommen für die Teilnahme an diesen Sitzungen Geld. Wieviel das ist, kann man ja nun nachlesen. Doch ist das eigentlich noch Sinn eines politischen Ehrenamtes? Dass man zwar durch die Mehrheit im politischen Rat in diese Gremien entsendet wird - dort aber verdient? Diese Gelder sind von jedem Empfänger zu versteuern, aber es bleibt ein guter Rest im eigenen Portemonnaie. Ist ein Politiker damit noch frei und unabhängig in seinen Entscheidungen?  

Und entsteht damit nicht auch eine Zwei-Klassen-Politik: diejenigen, die die "guten" Posten bekommen und diese oftmals über Legislaturperioden für sich verteidigen und derjenigen, die zu den "normalen Parteisoldaten" zählen, also oftmals nur noch "Stimmpotenzial" darstellen?
Und sind es nicht genau diese lukrativen Pöstchen, die das Vertrauen in Politik verspielt haben? Oder der Beweggrund dafür sind, beim Ausscheiden aus einer Partei aber das Mandat und die Sitze in eben diesen Gremien zu behalten? 

Schließlich bleibt da noch der geldwerte Vorteil dieser Posten, nämlich der detaillierten Informiertheit über das normale Maß hinaus ebenso wie der unschätzbare Wert des "Netzwerkens" und "Den kenne ich gut" mit Entscheidern aller Art. 

Zudem gibt es den Brauch, dass die entsendeten Politiker einen Anteil ihrer Aufwandsentschädigungen an die Partei "zurück"spenden müssen/sollen. Dem wird unterschiedlich nachgekommen. In den meisten Fällen aber wird gezahlt - schließlich will man ja von den eigenen Parteikollegen für die nächste Wahl wieder aufgestellt werden. Ist das aber nicht eine Finanzierung von Parteien durch wirtschaftliche Betätigungen der öffentlichen Hand? Also eher fraglich, um es milde auszudrücken?

Am Ende läuft es vielleicht ganz sacht aber mit voller Fahrt darauf hinaus, dass die Kommunalpolitik irgend wann einmal nicht mehr ehrenamtlich sein wird, sondern auch hier Berufspolitiker Einzug halten? (Was einzelne Mitglieder ja schon sind.)

Eine Diskussion hierzu wäre wünschenswert, dann bekommen veröffentlichte Zahlen einen ganz anderen Charakter und der Gehalt des Transparenzgestes eine besondere Note des Vertrauens.

Und noch eine Bemerkung zu den Gehältern der Vorstände: Interessant ist, dass der neue Geschäftsführer der SWG die Veröffentlichung seines Gehaltes in diesem Jahr ablehnte, dies erst im kommenden Jahr tun wolle. Dabei ist er ganz neu im Amt - und die Stadt hätte diese Pflicht zur Veröffentlichung in seinem Vertrag festschreiben können? Es erzeugt eher Nachfragen, wenn jemand hier ausschert, als dass Vertrauen gedeiht. Auch sind gerade die Sparkassen diejenigen, die sich in der Finanzkrise als besonders bodenständig präsentiert haben - die Veröffentlichung der Vorstandsgehälter bricht da keinen Zacken aus der Krone. Mit einem Herrn Ackermann möchte man doch sicher nicht in einen Geldsack gesteckt werden.

Übrigens gibt es noch keine öffentliche Statistik zu der Veröffentlichungspraxis in den Kommunen. Auf eine Kleine Anfrage 1117 vom 5. September 2011
der Abgeordneten Angela Freimuth, Dietmar Brockes und Ralf Witzel FDP
Drucksache 15/2789 gibt es dazu eine Antwort:
Frage: Wie ist jeweils bei den einzelnen Gemeinden der Umsetzungsstand bei Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts, an denen Gemeinden oder Gemeindeverbände mit mindestens 50% der Gesellschaftsanteile beteiligt sind?

"Nach Angaben des Ministeriums für Inneres und Kommunales werden über die mit dieser Frage erbetenen Informationen keine Statistiken geführt. Zur detaillierten Beantwortung der Kleinen Anfrage müsste erstmalig eine entsprechende Erhebung erfolgen. Nach einer anlässlich der Kleinen Anfrage erfolgten Abfrage bei IT.NRW sind dort mit Stand 13.09.2011 knapp 1.650 kommunal beherrschte Gesellschaften bekannt, die von der Fragestellung erfasst werden. Eine erstmalige Informationserhebung in einer solchen Größenordnung ist dem Ministerium im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht möglich."

Welche Sparkassen eine individualisierte Ausweisung der Bezüge der Vorstände sowie der Verwaltungsräte vornimmt, findet sich in der Antwort auf die gleiche Anfrage auf den Seiten 9f. Hier findet sich Gütersloh noch mit "teilweise" bei Vorständen und "nein" beim Verwaltungsrat. 

Das Thema dürfte in Zukunft noch mehr Fahrt aufnehmen, befindet es sich doch im großen Kanon  des generellen "Open Government"-Gedanken. 





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