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Freitag, 18. Mai 2012

Politiker machen schlanken Fuß....


Der Bildungsausschuss für den 22. Mai fällt aus. Wieder einmal. Eine Tradition gewordene stille Strategie in Gütersloh.
Doch diesmal ist das geradezu brisant: Steht doch die Entscheidung über die Sekundarschule auf der Tagesordnung. Dieses unbemerkte Durchwinken ist ein Husarenstreich der Verwaltung, bei dem Dezernent Martensmeier deutlich den Amtsschimmel vorwärts getrieben hat. Zur Erinnerung: eine Grundschule, die Freiherr-vom-Stein-Schule und die Hauptschule Nord sollen zu einer Sekundarschule mit dem Prinzip des gemeinsamen Lernen von der Klasse 1 bis 10 umgewidmet werden. Dazu ist ein Ratsbeschluss notwendig,  um eine der Modellschulen des Landes NRW zu werden. Die Entscheidung muss noch vor der Sommerpause gefällt werden.Die Idee ist nicht schlecht - Kinder länger zusammen lernen zu lassen. Doch: 

Es lebe die Monarchie in der Bildungspolitik!

.... Doch: Sie ist eine Sparversion und nur die zweitbeste Lösung: weil vom Land bezahlt und weil die wirklichen Alternative nicht mitbedacht - oder überhaupt diskutiert wurden: es wäre auch eine Gesamtschule mit Oberstufe möglich. Auch fehlt in diesem Zusammenhang eine Diskussion über die Fortschreibung des gesamten Schulentwicklungsplanes für die Stadt und wie teuer Bildung in der Stadt sein darf. Die Politiker aller Fraktionen machen sich mal wieder einen schlanken Fuss - sie stehlen sich aus der Verantwortung, Position unbekannt. Keine öffentliche Diskussion. Auch die SPD, auch die Grünen - beide einmal angetreten für eine chancengerechtere Bildungslandschaft! Für eine transparente Politik.... Nix zu sehen von ihren lauten Postulaten!

Statt dessen ist immerzu die Rede vom "Schulfrieden" in NRW. Der Kompromiss auf Landesebene zwischen SPD, Grünen und CDU hat diese 5. Schulform überhaupt erst möglich gemacht. Aber: Die Frau Ministerin Löhrmann hat dabei deutlich hervorgehoben, dass die schulpolitischen Entscheidungen (!) nicht auf Landesebene, sondern direkt in den Kommunen fallen sollen. Sie hat die Verantwortung delegiert.

In Gütersloh ist von dieser Verantwortungsübernahme offensichtlich nichts angekommen!

Wenn Politik in Gütersloh nun eine Sekundarschule einführen will - muss sie auch gute Gründe dafür liefern:

- warum eine Sekundarschule?
- warum keine Gesamtschule mit Oberstufe, die direkt zum Abitur führt?
- wie ist die Elternbefragung ausgefallen?
- wurden hier Alternativen abgefragt?
- warum keine Gesamtdiskussion über den Schulentwicklungsplan?
- warum ist für Schulpolitik kein Geld da?
- ist Bildungspolitik marginal - auf den Rängen nach der Stadthalle und dem Hallenbad?

Die Entscheidung über die Schule wird husch husch hinter verschlossener Tür eingetütet. Daran ändert auch die eine öffentliche Informationsveranstaltung nichts. Alibi-Veranstaltung!
Fällt die Sitzung des Bildungsausschusses im Mai fort, bleibt noch eine einzige Sitzung am 12. Juni, danach tagt der Rat am 29.6.  - und schwupps sind die Würfel gefallen.

Der Herr Dezernent kann sich getrost wieder in seinem Sessel zurücklehnen, die Politik hat sich kein einziges Mal zu Wort gemeldet - und die Chance auf eine weichenstellende Bildungspolitik verpufft. 

Die Zeche werden die Kinder zahlen, die dort zukünftig zur Schule gehen. Andere Städte sind da sehr viel weiter als Gütersloh - verschaffen ihren Nachkommen deutlich bessere Chancen. In beherzten, echten Schulversuchen, die gleich die Perspektive einer Oberstufe mit sich bringen.

Scheinheilig -  für solch eine Gütersloher Politik überhaupt noch einen Bildungsausschuss vorzuhalten. Der hat sich längst überholt. Und tagt ja eh kaum und enthält seinen Bürgern Transparenz und Positionen vor.

Schulfrieden in NRW bedeutet in Gütersloh: Schulmonarchie - und nur der Dezernent entscheidet, allein zu Haus.


1 Kommentar:

  1. Jürgen Zimmermann20. Mai 2012 um 01:46

    Liebe Frau Knopp,

    auch wenn Sie bekannt drastisch polarisieren, so haben Sie im Kern recht!

    In gewisser Weise muss ich aber den Dezernenten in Schutz nehmen, denn auf Verwaltungsebene kann und darf er letztendlich keine Bildungspolitik machen, weil auch sein Amt seit Jahren Einsparungen vornehmen muss. So ist es verständlich, dass die Verwaltung eine Schulentwicklung präferiert, die vorort wenig kostet. So wurde wahrscheinlich die Modellschulvariante Sekundarschule ohne Oberstufe präferiert. Außerdem ist auf diesen Ebenen bekannterweise die Gymnasiallobby sehr gut vertreten. Eine weitere Oberststufe wirkt offensichtlich bedrohend!?

    Die eigentlich Schuldigen am Stillstand einer in die Zukunft weisenden und chancengerechten Bildung sind in Gütersloh, und das beschreiben Sie überwiegend richtig, die Mehrheitsparteien im Stadtrat und dabei insbesondere die sog. "Plattform plus" aus CDU, Grünen und UWG. Erwähnen sollte frau aber auch, dass die SPD, die Linke und die BFGT sich in Ansätzen für eine Richtungsänderung in der Gütersloher Bildungslandschaft allerdings vergeblich eingesetzt haben.

    Wenn man sich an die Einführung der 1. und 2. Gesamtschule erinnert, so zeigt der damalige Errichtungsverlauf, dass sich Parteien bewegen könnnen. Warum nicht jetzt auch wieder?

    Allerding gehört dazu eine breite offene Elternbefragung, ein gewisser Druck der Betroffenen und eine Prioritätendiskussion im Stadtparlament.

    Solange Prestigeobjekte wie das neue Theater, die erneuerte Stadthalle, die neue Feuerwache, das neue Hallenbad und anderes Neues in der Rangskala weit vor den Bildungsinvestitionen stehen, gebe ich Ihnen recht mit dem Bild der Schul- oder Bildungsmonarchie!

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